Ignatianische Exerzitien

Ignatianische Exerzitien sind nach ihrem „Entwickler“, Ignatius von Loyola, benannt. Ignatius (1491 – 1556) war ein Zeitgenosse Martin Luthers, auch wenn sich beide nie begegneten. So unterschiedlich ihre Lebenswege auch waren, teilten sie doch das Ziel einer Erneuerung der Glaubenspraxis und der Betonung der persönlichen Nachfolge Jesu. Ignatius entdeckte während einer langen Krankheits- und Krisenphase die „inneren Bewegungen und Regungen der Seele“. Er nahm wahr, dass z.B. das Schwelgen in Ritterabenteuern ihn kurzfristig in gute Laune versetzte, diese jedoch nicht anhielt. Dagegen erwies sich das Lesen von Heiligenlegenden und des Evangeliums auch langfristig als beglückend. Diese Erfahrung nannte er „Trost“, die andere „Misstrost“. So war eine Spur gelegt, der er sich sein Leben lang widmete. Wo ist der gute Geist Gottes am Werk und führt die Menschen zum Leben, zu Gott selbst? Und wo ist der „Widergeist“ am Wirken, der zwar kurzfristig angenehme Erfahrungen schenken mag, aber langfristig in Enge, Gebundenheit und Tod führt? Und wie lassen sich beide voneinander unterscheiden, um mehr im Willen Gottes zu sein?

Aus dieser Frage heraus entwickelte sich über viele Jahre eine Methodik des Wahrnehmens und Unterscheidens der Geister, die Ignatius in seinem Exerzitienbuch festhielt. Es ist eine kurze, kompakte Darstellung eines 4-Wochen-Konzepts, in dem Menschen meditierend den Lebensweg Jesu nachgehen, um darin den Willen Gottes für das eigene Leben zu entdecken. Das Exerzitienbuch ist für Begleiter geschrieben, „der, der die Exerzitien gibt“, und ist ohne Kommentar und Hintergrundinformation kaum verständlich.

Ignatius geht dabei weit über ein reines Bibellesen oder gar Bibelstudium hinaus. Die Exerzitantin, also die Übende, soll „mit allen Sinnen“ in den Text eintauchen. So liest die Übende z.B. nicht einfach die Geschichte der Hochzeit in Kana (Joh 2, 1-12) und denkt darüber nach, sondern sie lässt die Szene lebendig werden: Wie sieht der Ort aus an dem die Hochzeit gefeiert wird? Wie die Brautgesellschaft, Braut, Bräutigam? Welche Menschen sind noch da? Was ist zu hören – Musik, Stimmen, Essensgeräusche? Was ist zu riechen? Welche Stimmung liegt in der Luft? Wo ist sie selbst in dieser Szene? Beobachter, Teilnehmer, Gegenstand? Welche Gefühle, Gedanken, Impulse tauchen auf? Welche Erinnerungen, Handlungsimpulse entstehen? … So wird der Text „sinnlich“ erlebt und plastisch.

Im Anschluss an diese Betrachtung ergibt sich das innige Gespräch mit Jesus. Und erst zum Schluss wird über all dies nachgedacht und im Begleitgespräch besprochen. Ziel der Exerzitien ist, die gute göttliche Richtung, die aufgrund des Betrachtens und Unterscheidens gefunden wurde, mit Entschiedenheit im Leben umzusetzen. „Die meisten Menschen ahnen nicht, was Gott aus ihnen machen könnte, wenn sie sich ihm nur zur Verfügung stellen würden.“ (Ignatius von Loyola)

Ignatianische Exerzitien leben also von Zeiten intensiver Schriftbetrachtung (meist 4 x 1 Stunde täglich) und Gesprächen mit Gott. Die Exerzitienbegleiterin steht als aufmerksame Zuhörerin zur Verfügung und wählt Schriftstellen aus, die den Prozess auf Gott hin weiter fördern. Diese sind dann ganz individuell. Bei ignatianischen Exerzitien in der Gruppe wird meist Gottesdienst mit Abendmahl gefeiert und zu Beginn und Ende des Tages ein kurzer Impuls für alle gegeben.

Wer mehr über Ignatius von Loyola und dem von ihm gegründeten Orden der Jesuiten erfahren möchte, findet hier viel Wissenswertes: https://www.jesuiten.org/

Wer ignatianische Exerzitien einmal „probeweise“ erleben möchte, findet unter „Veranstaltungen“ unsere aktuellen Angebote.